• Google Earth • GPX • Diashow • RunKeeper •
Raus aus der Stadt, raus aus dem Büro, raus aus der Hektik. Im Berufsverkehr bis ich mit meinem voll gepackten Rucksack nach Niederwangen gefahren, eingezwängt zwischen Anzugträgern mit Aktenkoffern und übermäßig geschmückten Bürofachkräftinnen. Ich hab als grobes Ziel mal die Übernachtung im Niederwangener Wald angesteuert, je nachdem, wann es morgen zu regenen anfängt könnte ich noch über Neuenegg Richtung Wünnewil laufen. Nach einer Stunde Wandern hab ich mir im Wald einen Schlafplatz gesucht, kurz nachdem ich fast von einem Rottweiler angefallen wurde, hab ich den Waldhüpferpfad gefunden. Das ist der Platz einer Waldspielgruppe, sie haben den Wald gut „aufgeräumt“. Es gibt mehrere Feuerstellen, Spielplätze, überall stehen liebevoll gemalte Wichtel mit roten Mützen herum, hier hab ich mich wohlgefühlt. Für das Aufbauen der Hängematte hab ich nur noch eine Stunde gebraucht, heute mal mit einem erweiterten Setup mit einer zusätzlichen Leine. Über diese hab ich mein Tarp geworfen, so kann das etwas höher über der Matte hängen. Und ich kann eine kleine Netztasche für mein iPhone und meine Brille dranhängen. Ich hab heute zwei Lektionen zu Knoten lernen müssen. Zum einen hab ich die Achterknoten von der letzten Nacht fast nicht aufbekommen, diese ziehen sich ganz schön fest bei Belastung. Als die Matte dann hing und ich mich hineingesetzt habe, ist einer der Baumknoten wieder aufgegangen und ich plumste mitsamt der Matte auf den Boden. Aua.
Als ich mit dem Aufbau fertig war, war es noch locker hell und ich hab mich ans Holz suchen gemacht. Es lag viel trockenes Holz in verschiedenen Größen herum, so dass ich das Material für mein Lagerfeuer schnell zusammen hatte. Beim Zerkleinern bin ich etwas zu rabiat vorgegangen, ich wollte es mit meinem ganzen Körpergewicht zerkleinern, indem ich auf einem „Hocker“ aus Baumstamm stand und ein Stück abtreten wollte. Dabei hab ich das Gleichgewicht verloren und bin in Zeitlupe auf eben diesen Baumstamm gefallen. Wie ich unten lag fiel mir, auch noch in Zeitlupe, meine Brille von der Nase. Aber ich hatte ja Zeit zum Beobachten und außer drei großen blauen Flecken am Arm ist mir nichts passiert. Das Feuer war schnell entfacht und ich konnte Teewasser kochen. Dummerweise hab ich nicht geschaut, aus welcher Richtung der Wind kam und der gesamte Rauch des Lagerfeuers ist in Richtung meines Nachtlagers gezogen. Hängematte und Schlafsack haben die ganze Nacht nach Rauch gestunken. Zu Essen hatte ich nicht mehr als ein paar Kekse dabei, aber das Mittagessen wird schon noch vorhalten.
Gemütlich meinen Tee schlürfend hab ich den Stimmen des Waldes zugehört und meinen Blogeintrag geschrieben. Es kamen ein paar Huntert Meter weg noch ein paar Reiter vorbei, aber erstaunlich wenig Hündeler. Als es dunkel und kalt wurde, hab ich meine Schuhe an die Extraleine gehängt und hab mich in meinen Schlafsack verpackt.
Ich konnte wieder nicht richtig einschlafen, ich musste mich auch wieder anders herum drehen, damit ich nicht immer wieder hinuntergerutscht bin. Irgendwie hab ich das mit dem waagerecht aufhängen noch nicht so raus. Nachts bin ich aufgewacht, weil es geblitzt hat, aber es kam kein Donner und auch kein Regen. Als die ersten Vögel mit ihrem Morgenkonzert begannen, bin ich aufgestanden und hab mit meinem Notkocher Wasser warmgemacht und spartanisch mit ein paar Keksen gefrühstückt. Danach hab ich gemütlich meine Sache gepackt und wie ich gerade dabei war, die Hängematte einzurollen, vielen die ersten Tropfen. Und der Donner kündigte ein Gewitter an, was ich eigentlich schon in der Nacht erwartet hatte. Ich bin dann losgezogen und aus den paar Tropfen wurde bald ein Regen, so dass ich schon nach ein paar Metern, an der Hütte der Waldhüpfer, den Regenschutz über den Rucksack gestülpt hab. Und weitergelaufen, die Forststrasse nach links, an der nächsten Kreuzung geradeaus, den Wanderweg entlang, ich wollte in Richtung Neuenegg. Und plötzllich wurde es laut, es fing ziemlich zu rauschen an und ein Wolkenbruch regnete auf den Wald herab, dass ich unter einem grossen Baum stehen geblieben bin. Aus dem Regen wurde ein Graupelschauer, das hat selbst unter der Schirmkappe weh getan. Als dieser Graupelschauer vorbei war und es „nur noch“ normal regnete bin ich weiter, nächste Abzweigung links, ich hoffe, hier gehts nach Neuenegg. Ich kam bald auf die Lichtung der Heiteren, als der Regen wieder stärker wurde. Viel stärker. Ich hab mich am Waldrand nochmal untergestellt und den
Kühen zugeschaut, die nichts hatten, was sie vor dem Wolkenbruch hätte schützen können. Aber das schien sie auch nicht zu stören, sie haben einfach weiter gegrast. Als der Regen wieder etwas nachgelassen hatte, bin ich über die Lichtung zu dem Hof gelaufen, aber gerade, wie ich bei den Kühen war, goss es wieder hektoliterweise Wasser aus den Wolken. Wieder ein Wolkenbruch, wie ich ihn kaum je gesehen hatte. Bis ich am Hof und unter dem Dach der Scheune angekommen war, war ich durch die Regenjacke, durch die Fliessjacke und das T-Shirt bis auf die Haut nass. Unglaublich, wieviel Wasser da vom Himmel gefallen ist. Aber die Wolken waren noch einzeln zu erkennen und zogen in eine Richtung, dass sich bald wieder ein helleres Stückchen gezeigt hat. Dieses hab ich abgewartet und als der Regen wieder normal wurde, bin ich wieder weiter. Auf der Rückseite des Hofes war ein Wintergarten, in dem der Bewohner im Pyjama stand, sich reckte und streckte und das Wetter beobachtet. Der hat ganz schön dumm geguckt, dass morgens um sieben bei _dem_ Unwetter ein Wanderer vorbeikommt. Den Waldwegweiter, kam ich zu einem Wegweiser, nach Neuenegg gings links weiter. Der Regen hat dann so langsam nachgelassen (oder war das nur mein Empfinden). Das nächste Hinweisschild schickte mich wieder nach links, ich hatte irgendwie das Gefühl, ich laufe im Kreis. Aber bei dem Unwetter wollte ich nicht mein Telefon aus der Tasche ziehen, ausserdem war eh kein Handyempfang hier, so dass ich nicht auf der Karte nachschauen konnte.
Die Wolken wurden heller, es hörte bald ganz auf zu regnen und durch ein Loch in schien sogar mal kurz die Sonne. Irgendwann kam ich aus dem Wald heraus und hatte eine Aussicht über die Voralpen, den Gantrisch konnte ich erkennen, das Guggershörnli, das Sensetal Richtung Schwarzwasser, die Freiburger Alpen bis zum Moleson, ja sogar den Mont Pelerin konnte ich erkennen. Der Regen hatte die Luft sauber gewaschen, so dass ich über die gute Sicht nur staunen konnte.
Eigentlich wollte ich noch weiter laufen, aber meine Kleider und vor allem meine Füsse waren nass. Ich hätte mir nur Blasen gelaufen, also bin ich hinunter nach Neuenegg und dort in die S-Bahn nach Bern gestiegen. Die kam sogar (ganz aussergewöhnlich) zwei Minuten nach meiner Ankunft. Auf dem Weg nach Bern ist die Bahn wieder durch das heftige Gewitter gefahren, aber keiner der zugestiegenen Fahrgäste war so gut gegen Nässe gerüstet wie ich. Und ich war auch schon nass bis auf die Haut. Zu Hause angekommen, hab ich erstmal alles zum Trocknen aufgehängt und habe festgestellt, dass der Regenschutz vom Rucksack sehr gut dicht hält. Nur die Träger und der Hüftgurt waren nass, aber das habe ich ja erwartet.
« Bern Niederwangen |